Es gibt so Leute, da fängste mit Kopfschütteln an und hörst mit nem Schleudertrauma auf. Ich meine, die meisten, mit denen ich in meinem Leben zu tun haben musste, sind ja eigentlich ganz nett oder zumindest egal, aber bei manchen ... Puh, da wünsche ich mir die Hautlappen eines Kingiis, damit sie sehen können, was für nen Hals ich kriege! Nicht, dass ich der Meinung wäre, das würde etwas bringen - mitnichten! Bei solch einem egozentrischen Gegenüber hilft nur noch die Keule. Packste die dann aber aus, ist das Geheule groß: Mimimi, du bist so böse zu mir, mimimi, dabei geht's mir schon so schlecht, mimimi, keiner hat mich lieb, mimimi, die ganze Welt ist gegen mich, mimimi ... Wieso ich? (Letzteres in Sperrschrift und Großbuchstaben in Verbindung mit einer höchstdramatischen Geste.) Mann! Ey! Naja, okay, ich kann schon verstehen, dass die Opferrolle bequem ist. Wenn alle anderen schuld sind, braucht man sich schließlich selbst keine Mühe zu geben und kann sogar Dinge sagen, die vor Neid triefen, ohne dass jemand das abstoßend findet. Beherrscht man es obendrein noch, möglichst publikumswirksam zu verzweifeln, gibt es genügend Menschen, die einem mitleidig das Köpfchen tätscheln. Sorry, da komm ich nicht mit klar. Im Grunde halte ich mich für einen ziemlich toleranten Menschen; ich vertrete die Ansicht, dass jeder so sein soll, wie er möchte bzw. wie er sich wohlfühlt. Mache ich schließlich auch (und gelte damit oft genug als Sonderling). Aber manche Leute stellen sowohl Toleranz als auch Geduld auf eine wirklich harte Probe. Wenn mich jemand nervt, gehe ich weg. Leider funktioniert das nicht immer, oder das Gegenüber trompetet seine Probleme so laut in die Welt hinaus, dass es überall zu sein scheint. Und wennde dann mal vorsichtig anmerkst, dass man Dinge auch ändern kann, kommt das Totschlagargument, dassde ja gar nicht weißt, wie das mit Depressionen so ist. Äh ... Doch. Ohhh doch. Ich kenne das Gefühl, wie gelähmt zu sein und morgens nicht mehr aufstehen zu können, sich selbst anzuwidern und für eine Memme zu halten, weil man nicht mehr kann, kenne den Ekel, den Selbsthass, die unsagbar tiefe, schwarze Grube. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man sich so tief in sich selbst vergraben hat, dass man das Feedback von außen braucht, um zu wissen, wie es einem geht. Wie es ist, nicht weinen zu können. Wenn man einfach weg sein möchte, nichtexistent, nur damit dieser ganze Scheiß endlich ein Ende hat. Aber nein, diese Erfahrungen zählen nicht. Immerhin sind meine Lebensumstände generell anders, und damit sind meine Probleme ja auch viel weniger wert. Ist das die moderne Form des Schwanzvergleichs: "Ich habe viel mehr psychische Probleme als du"? Kommt mir oft genug so vor. Wie willste denn so jemanden ernst nehmen? Aber tuste es nicht, biste wieder der Böse, unsensibel, dumm. Mir fallen gerade gewisse Parallelen zum Rettungsdienst auf: Die am lautesten schreien, sind die am wenigsten verletzten. Sorgen muss ich mir um die machen, die nichts mehr sagen. Ja. Ich glaube, die einzige Möglichkeit für mich, mit den Schreihälsen umzugehen, ist, sie weitestgehend zu ignorieren. Und hin und wieder den Frust aufzuschreiben und hier abzuladen, verhindert das Schleudertrauma. Danke.
Jaaa... wo ist die Empathie hin? Oder gab es sie überhaupt jemals wirklich? Liebe Gaia, lass dich nicht ärgern. Ich wünschte Dir, dass dieser Text gelesen werden könnte, aber selbst das eindringlichste Wort kann von blinden Augen nicht erfasst werden. Leider ist das so und auch kein Trost, aber vielleicht ein klein wenig Unterstützung.
Sei lieb gegrüßt!
Either write something worth reading or do something worth writing - Benjamin Franklin
Ich versteh dich nur zuuuu gut, liebe @Gaia Athanasia. Am schlimmsten ist das Gefühl, es werden immer mehr! Du kannst ihnen kaum noch entkommen. Sie sind überall.
Doch noch gibt es die anderen, die die dir ähnlicher sind. Und gemeinsam achten wir auf die Ruhigen, die, die uns wirklich brauchen. Lauschen, in den Lärm, den die Unverbesserlichen machen, damit wir sie nicht überhören, die Stillen.
Ich knuddel dich mal .... coronakonform virtuell. Danke für diesen Text. Gerade denke ich, Mitgefühl ist nie verkehrt. Doch manchmal ist es besser, man äußert es nicht. Es wirkt auf manche wie eine Droge.
Gaia Athanasia, das hast du wirklich gut ausgedrückt! Da finde ich mich auch in vielem wieder, und auch ich habe den Eindruck, "die anderen, die Lauten, die Schreier" werden immer mehr.
Zitat von falky67 im Beitrag #5Und gemeinsam achten wir auf die Ruhigen, die, die uns wirklich brauchen. Lauschen, in den Lärm, den die Unverbesserlichen machen, damit wir sie nicht überhören, die Stillen.
Das ist ein guter Gedanke und ein guter Satz. Die Ruhigen brauchen uns und wir brauchen die Ruhigen - die Stillen.
Zitat von Gaia Athanasia im Beitrag #1Ist das die moderne Form des Schwanzvergleichs: "Ich habe viel mehr psychische Probleme als du"?
Das ist nicht trashig, liebe @Gaia Athanasia, das ist geil! Manch einer hat es sich bequem eingerichtet in seiner Opferrolle und ist es gewohnt, den Krankheitsgewinn einzustreichen. Jeder Versuch, ihn aus dem Sumpf erlernter Hilflosigkeit und dem selbst errichteten Gefängnis vermeintlicher Unfähigkeit herauszuholen wird geahndet mit "publikumswirksamem Verzweifeln", wie Du es beschreibst. Die am Lautesten schreien sind nicht nur die am wenigsten Verletzten sondern auch diejenigen mit dem größten Aggressionspotential, herbeieilende Helfer zu verletzen. Da schwillt mir ebenfalls die Krawatte … und ich bin schneller weg, als Berufsopfer bis drei zählen können!
das habe ich durcheinander gebracht. Ein großes Kompliment an @Gaia Athanasia für das "publikumswirksame Verzweifeln". Dieser Ausdruck wird mir bei passender Gelegenheit garantiert wieder einfallen.