Neulich musste ich ein wenig schmunzeln, als ich die Zeilen über den Anglizismus in der Wendung »sich anfühlen« bzw. »"Es fühlt sich an, wie ...«. Das muss ja ein Anglizismus sein, weil sich etwas ja nicht anfühlen kann, das man eben nicht berührt. Das konnte ich nicht begreifen, obwohl ich das ab und zu mit weit komplexeren Zusammenhängen schon geschafft hab, ohne sie auch nur mit einem Finger zu berühren - und andererseits sich mein Magen anfühlte als hätte er Steine drin, wenn ich zuviele Knödel gegessen hatte. (Also, mein Magen hatte die Knödel ja berührt, vielleicht gilt das dann doch als »anfühlen«?) Jetzt habe ich einen kleinen Artikel des Sprachvereins.ch gefunden, der sich mit dem Thema der versteckten Anglizismen beschäftigt. Ist ganz aufschlussreich. http://www.sprachverein.ch/sprachspiegel...egel_2011_3.pdf
-------------------------------------------- »VERDAMMT WIESO SIND DIE VIECHER SCHON WIEDER WACH« 乌鸦拉尔夫
Zitat von czil im Beitrag #1Neulich musste ich ein wenig schmunzeln, als ich die Zeilen über den Anglizismus in der Wendung »sich anfühlen« bzw. »"Es fühlt sich an, wie ...«. Das muss ja ein Anglizismus sein, weil sich etwas ja nicht anfühlen kann, das man eben nicht berührt.
Ich habe diese Zeilen auch gelesen und mich haben sie nachdenklich gemacht. Dieses „sich anfühlen“. Ich bin ein gefühlsmäßig erfassender Mensch. Gut, das müsste gehen, denn mich kann man ja berühren. Die erste Frage bei einer Entscheidung lautet immer: Was habe ich für ein Gefühl? Wie fühlt es sich an wenn ich mich so oder eben anders entscheide, obwohl ich das nicht berühren kann. Ich beschreibe gerne Gefühle, da kommt dieses „sich anfühlen“ bzw. „Es fühlt sich an, wie...“ oft vor. Wenn das ein Anglizismus ist, wie könnte man das anders ausdrücken? Oder interpretiere ich da etwas falsch?
Die meisten großen Taten, die meisten großen Gedanken haben einen belächelnswerten Anfang. (Albert Camus)
Eine Frage, die mich immer bei dem Thema beschäftigt: ist es denn wichtig, alle Anglizismen zu vermeiden? Ich meine, wir leben ja in einem Land, in dem wir in unserem täglichen Sprachgebrauch viele Anglizismen oder andere Eindeutschungen nutzen. Ist es da "böse", sie in schriftlicher Form zu nutzen? Was spricht dagegen?
Es heißt doch immer, Sprache wandelt sich. Daher verstehe ich um ehrlich zu sein nicht, wieso man da immer drauf hinweist, denn ich empfinde es nicht als schlimm, so zu schreiben. Da finde ich andere neuartige Dinge in der deutschen Sprache weitaus schlimmer. Wie Taxis, oder Atlasse, oder Pizzas.
Lg Semi
Wir leben nur einmal Wir lieben das Leben (Rammstein)
Sagen wir so, ich finde, man sollte die Sprache so beherrschen, dass man solche Anglizismen behutsam und absichtlich einsetzt, nicht massenhaft weil man nicht drüber nachgedacht hat. Und es gibt auch verschieden schlimme. "Wundervoll" zum Beispiel, naja, kann man machen. "Realisieren", brrr, bitte nicht. Und manchmal führt ein Anglizismus auch dazu, man grübelt, was gemeint ist (neulich las ich einen Text, in dem stand, jemand habe "keinen humorvollen Knochen im Leib" - man kann sich ja denken, was das heissen soll, aber man grübelt dann und denkt, ok, warum steht das jetzt so da... und im Englischen ist das halt einfach was, was man so sagt).
Puh, da gehen unsere Meinung eindeutig auseinander :D Das ist mir ja viel zu kompliziert und auch ein wenig too much ;)
Dass ich nicht mit englischen Wörtern um mich haue, ja, klar, aber das hier finde ich ein bisschen übertrieben. Aber jedem das Seine ^^ Ich bin jedenfalls froh, dass ich mich endlich mal damit auseinandergesetzt habe, damit ich weiß, was ich in Zukunft weitermachen werde :)
LG Semi
Wir leben nur einmal Wir lieben das Leben (Rammstein)
ZitatAnatol Stefanowitsch in seinem (damals Bremer) Sprachblog vehe-ment für «Sinn machen» ins Zeug gelegt (Internet: liip.to/sinnesfreu-den). Er hat jahrzehntealte Beispiele gefunden – ein Leser steuerte gar ein Lessing-Zitat bei
Das war eine der Stellen, die mir besonders gut gefielen. Die Frage ist ja, ob wir nicht langsam paranoid werden, im Finden von so Stellen, die Anglizismen sein könnten? Ich finde sogar im Bairischen Beispiele, wenn ich suche: »Doag« versus »dough«. Könnte aber vielleicht auch daran liegen, dass die beiden Sprachen doch durchaus eine gewisse Verwandtschaft aufweisen? Ich weiß das nicht. Wir hatten an anderer Stelle aber auch schon erörtert, dass wir ja auch die steife Sprache eines Thomas Mann nicht mehr lesen wollen. Weil das eben heute schon altertümlich, zumindest verschwurbelt klingt.
Zitat von Ralf der Rabe im Beitrag #4man sollte die Sprache so beherrschen, dass man solche Anglizismen behutsam und absichtlich einsetzt, nicht massenhaft weil man nicht drüber nachgedacht hat
Vielleicht zeigt gerade der unbedachte, spielerische Einsatz, dass der Ausdruck bei uns angekommen ist? Integriert wurde? Wer denkt beim Wort »Schorle« noch an die französischen Soldaten zur napoleonischen Zeit?
Zitat von Ralf der Rabe im Beitrag #4"keinen humorvollen Knochen im Leib" - man kann sich ja denken, was das heissen soll, aber man grübelt dann und denkt, ok, warum steht das jetzt so da...
Ja, warum steht das jetzt da? Weil der Kerl nicht mal einen knochentrockenen Humor entwickelt hat? Sondern gar keinen?
Finde es dennoch humorvoll, also nicht knochentrocken humorvoll, wenn ich auf einen Ausdruck verzichten soll, von dem jeder der derzeit liest weiß, was es bedeutet, bloß weil das ein angeblicher Anglizismus ist. Darauf zu verzichten, das zu lesen (schreiben werde ich es nicht mehr), fände ich fast so erbärmlich wie den »Viertopfzerknalltreibling«. Zudem gebe ich Semikolon recht: das wäre mir zu stressig, darauf auch nur einen Gedanken zu verschwenden.
Zitat von Rebecca im Beitrag #2Ich beschreibe gerne Gefühle, da kommt dieses „sich anfühlen“ bzw. „Es fühlt sich an, wie...“ oft vor.
Und warum auch nicht? Ob das jetzt ein Anglizismus ist oder nicht, es kommt doch drauf an, dass derjenige der das liest, versteht was du meinst. Darauf kommt es doch an, oder nicht? Und, ich habe das ja auch schon in meinem Eingangspost erwähnt: Wie kann ich etwas abstraktes wie z.B. eine Mathematisches Prinzip begreifen, wenn ich es nicht mal anfassen kann? Dabei dann gleichzeitig kritisieren, dass etwas sich nicht anfühlen kann, wenn man es nicht anfassen kann? Nicht umsonst habe ich meinen Magen hier mit ins Gespräch gebracht. Der kann die Knödel anfassen und auch die Gefühle, die mir direkt auf ihn schlagen. Aber so was von!
-------------------------------------------- »VERDAMMT WIESO SIND DIE VIECHER SCHON WIEDER WACH« 乌鸦拉尔夫
hmm, siehst du ich bin bei dem Artikel nicht mal über die Einleitung hinausgekommen. Da musste ich schon lachen. Ich hatte nämlich neulich die Diskussion mit einer Freundin, warum man in Deutschland auf Wolke 7 sitzt und im Englischen auf Wolke 9. Bei unserer Recherche kam da kein Anglizismus zustande, sondern, dass Wolke 7 vermutlich auf einer Theorie von Aristoteles beruht (Himmel besteht aus sieben Gewölben) und auch im Talmud gibt es 7 Himmel. Der siebte ist das Gewölk auf dem sich Gerechtigkeit, Heil und die Schätze des Lebens befinden. Zu Wolke 9 haben wir gefunden, dass es seit 1896 den sogenannten International Cloud Atlas gibt, der Wolkentypen definiert und bei dem der neunte Typ die Wolke ist die am höchsten sein kann. Wir haben dann gelacht und uns über die Amerikaner lustig gemacht, die auf so was fades wie Meterologie zurückgreifen und wir tollen Deutschen griechische Philosophen und Relgionstexte für unsere Sprichwörter zu Rate ziehen.
Was ich damit sagen will, nur weil was im Englischen gleich oder ähnlich ist wie im Deutschen heißt das nicht, dass das ein Anglizismus ist, insbesondere bei Sprichwörtern und Redewendungen. Warum schlagen die Deutschen zwei Fliegen mit einer Klatsche, aber die Englischen Killen zwei Vögel mit einem Stein? Ich erinnere mich an eine Unterhaltung mit einem dänsichen Austauschstudenten, wo wir uns totgelacht haben, weil man im Deutshen mit dem Zaunpfahl winkt, im dänischen aber (wenn ich mich recht erinnere) mit dem Briefkasten.
Was einzelne Wörter die Anglizismen angeht, sehe ich es ähnlich wie Semikolon. Manche würde ich eher vermeiden, andere widerum lassen mich kalt, weil sie für mich vollkommen normaler Sprachgebrauch sind. Sprache lebt. Sie verändert sich. Sie entwickelt sich weiter. Man stelle sich mal vor, wir würden auch alle französischen, lateinischen und oder jiddisch / hebräischen Wörter aus unserem Wortschatz verbannen. Was ein Bohei. Was eine Farce. Welche Debatten uns da alles flöten gehen würde. Da müsste man soviel mit Alternativen mauscheln in seinen Texten. Da werd ich ganz meschugge.
Maybe it's the cold wind that chills you to the bone. Or the strange rumbling beneath the city streets. It's the unnerving sense that there is a world around us we cannot see.
ZitatDas war eine der Stellen, die mir besonders gut gefielen.Die Frage ist ja, ob wir nicht langsam paranoid werden, im Finden von so Stellen, die Anglizismen sein könnten?
Versteckte Anglizismen werden häufig nicht als solche erkannt. Ich falle auch oft genug darauf herein.
A. Stefanowitsch bezieht sich hier u. a. auf Gotthold Ephraim Lessing, der auch als Übersetzer tätig gewesen ist. Es kann demnach genau so gut eine Fehlübersetzung seitens Lessing gewesen sein oder er machte sich schlichtweg über derartige Übersetzungsfehler lustig. Unbestreitbar ist, dass sich das Gehirn mit festen Fügungen, die mit 'm' und 'n' anfangen, leichter tut als mit vielen anderen Buchstaben. Vielleicht ist z. B. das der Grund, warum das sperrige 'Mein Name ist...' das kürzere 'Ich heiße...' verdrängt, was ich ewig schade finde. Ein weiteres Beispiel ist 'nicht wirklich' statt 'eigentlich nicht'. Bei 'nicht wirklich' bin ich immer versucht auszurufen: "Ja, was nun - Ja oder Nein? Entscheide dich, denn ein Zwischending gibt es nicht!"
Deutsch ist eine lebende Sprache, demnach entwickelt sie sich zwangsläufig in irgendeine Richtung. Nur unter dem Einfluss des Englischen eher zurück denn weiter, so sind Rechtschreibung und Grammatik teils dort angekommen, wo sie im 18./19. Jahrhundert schon einmal gewesen sind. So wird auch die K-Schreibung zunehmend wieder durch das lateinische C verdrängt.
Zitat von Semikolon im Beitrag #3Eine Frage, die mich immer bei dem Thema beschäftigt: ist es denn wichtig, alle Anglizismen zu vermeiden? Ich meine, wir leben ja in einem Land, in dem wir in unserem täglichen Sprachgebrauch viele Anglizismen oder andere Eindeutschungen nutzen. Ist es da "böse", sie in schriftlicher Form zu nutzen? Was spricht dagegen?
Die Sprache wird teils primitiver. Englisch ist eine stark kontextabhängige Sprache, Deutsch nicht. Dadurch reduziert sich der Wortschatz der Deutschen, was in der gesprochenen Sprache nicht so sehr ins Gewicht fällt, in der geschriebenen dafür umso mehr. Übrigens ist die englische Sprache weit mehr vom Französischen als vom Deutschen beeinflusst und es ist inzwischen 1.800 Jahre her, dass die Sachsen die Insel erobert haben. Begriffe die dazu verführen, anzunehmen, dass sich die Bedeutung überschneidet, benennen inzwischen meist grundsätzlich verschiedene Dinge (= Falsche Freunde).
Zitat von Rebecca im Beitrag #2Ich habe diese Zeilen auch gelesen und mich haben sie nachdenklich gemacht. Dieses „sich anfühlen“. Ich bin ein gefühlsmäßig erfassender Mensch. Gut, das müsste gehen,
denn mich kann man ja berühren. Die erste Frage bei einer Entscheidung lautet immer: Was habe ich für ein Gefühl? Wie fühlt es sich an wenn ich mich so oder eben anders entscheide, obwohl ich das nicht berühren kann. Du sagst es ja schon. Was habe ich für ein Gefühl? Je nach Kontext kann man da z. B. einsetzen: "Ich habe das Gefühl, dass...", "Ich habe den Eindruck, dass…", "Es erscheint mir, als...", "Ich fühle mich, als...". Aber hauptsächlich wird "Es fühlt sich an, wie..." in der Bedeutung von "Es wirkt auf mich, als..." verwendet oder als Floskel wie bei "Wie fühle es sich an, reich zu sein?" anstelle des eleganteren "Wie ist es, reich zu sein"?
Manchmal braucht es halt einfach Zeit, bis man auf einen treffenderen Ausdruck kommt. Ich persönlich kann es mir ohne Synonymwörterbuch gar nicht vorstellen.
----------------------------------------------------------------------------------- Nichts was ich schreibe, ist in irgendeiner Hinsicht wertend gemeint, wenngleich es so rüberkommen mag. Ich beschränke mich auf formale Kriterien sowie stilistische Aspekte, die nicht unbedingt als allgemein gültig zu betrachten sind. Was den Inhalt einer Geschichte angeht, versuche ich neutral zu bleiben. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob eine Geschichte alle Ingredienzen hat, um ein bestimmtes Leserpublikum zu erreichen, da fällt meine persönliche Meinung kaum ins Gewicht, sie wäre ohnehin rein analytischer Natur und dem Autor womöglich nicht willkommen.
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider
Zitat von Semikolon im Beitrag #5Hmm, das bedeutet, du sagst, man muss als Deutscher folgende Liste auswendig können?/style]
Die Liste finde ich ein bisschen unnötig. Ich kenne mich mit den genauen sprachwissenschaftlichen Bezeichnungen nicht so aus, wenn jemand jetzt sage "dann gehen wir noch abdancen", würde ich das nicht mit dem Begriff "Anglizismus" adeln, das ist einfach ein englisches Wort in den deutschen Grammatik-Fleischwolf gepresst. Dabei weiss doch jeder, dass es auf deutsch "abhotten" heisst ;)
Wenn ein*e Autor*in "abdancen" oder "downloaden" schreibt, dann gehe ich davon aus, dass das mit Absicht geschehen ist. (Insbesondere, weil das Rechtschreibprogramm das sicherlich unterschlängelt hat.) Kann man mögen oder nicht. Wenn aber "realisieren" in der Bedeutung von "bemerken" statt "in die Tat umsetzen" benutzt wird, dann ist das ein Fehler, der in meinen Augen von mangelnder Sprachbeherrschung oder mindestens mangelnder Sorgfalt auf Autorenseite zeugt.
Ja, vielleicht ist der Autor auch einfach jünger als ich und hat eine andere, modernere Sprache gelernt. Aber spätestens der Lektor ist genau so ein alter Sack wie ich und wird dem Autor das "realisieren" um die Ohren hauen ;)
Andererseits, "nicht wirklich" benutze ich im Alltag auch gerne. Find ich auch nicht wirklch schlimm. Macht irgendwie Sinn ;)
Falsche Freunde sind falsche Freunde. Das was ich meine sind tatsächlich Entsprechungen. Und auch nicht die wenigen Germanismen wie den Rucksack. Doag ist Teig, ist dough. beer ist Bier, wheat ist Weizen usw. Und ob das Deutsche nicht versehentlich die Sprechweise des Englischen beeinflusst hat? Immerhin eine der größten Sprachgruppen die dort eingewandert sind und dort sogar noch Enklaven bilden. Ich glaube auch nicht, dass das Deutsche durch diese Wendungen ärmer wird. Was mir da mehr weh tut ist, dass bisher stehende griechische oder lateinische Wörter anglisiert werden durch das Vorherrschen des Englischen in der Wissenschaftssprache. Auch wenn ich nicht wirklich überhaupt nicht mag, verstehe ich die Intention dahinter genau wie bei danke für nichts. Aber, das durfte ich mittlerweile aus einem schlauen Buch erfahren, hat wohl nur was mit meinem persönlichen Geschmack zu tun. Es ist ja jedem selbst überlassen, gewisses Lokalkolorit oder Zeitkolorit in seine Texte zu bringen. Wenn ich dann im Innenteil eines Buches lese, dass es auf den aktuelleren Lesegeschmack angepasst wurde, zeitgemäßer übersetzt, dann frage mich oft, ob die glauben, dass moderne Leser zu dumm sind oder ob sie vor der Kenntnis alter Wörter verschont werden müssen. Für meinen Teil freue ich mich über viele aktuellere Wendungen die verstanden werden und frisch klingen. Es darf sogar 'nicht wirklich' sein.
-------------------------------------------- »VERDAMMT WIESO SIND DIE VIECHER SCHON WIEDER WACH« 乌鸦拉尔夫
Zitat von Ralf der Rabe im Beitrag #9Ja, vielleicht ist der Autor auch einfach jünger als ich und hat eine andere, modernere Sprache gelernt. Aber spätestens der Lektor ist genau so ein alter Sack wie ich und wird dem Autor das "realisieren" um die Ohren hauen ;)
Sei Dir da mit dem alten Sack nicht so sicher. Ich habe gelesen, dass (manche?) Lektoren 'sinnvoll sein/Sinn ergeben/haben' etc. zu 'Sinn machen' korrigieren; der Wortschatz der "Profis" umfasst allem Anschein nach kein 'plausibel, schlüssig, einleuchten' mehr.
Zudem fällt mir in neueren Werken auf, dass Autoren wie Lektoren ihre Protagonisten alles und jeden nur noch 'kontrollieren' lassen. Keinem scheint mehr 'steuern, manipulieren, lenken, Macht ausüben, beherrschen, im Griff haben, (sich) zusammenreißen, in der Gewalt haben' geläufig zu sein. Und wenn ich dasitzen und 'kontrollieren' für mich erst in den richtigen Szenen-/Handlungskontext setzen muss, vergällt mir das die Lust weiterzulesen. Synchronfassungen haben daran entscheidend Anteil.
----------------------------------------------------------------------------------- Nichts was ich schreibe, ist in irgendeiner Hinsicht wertend gemeint, wenngleich es so rüberkommen mag. Ich beschränke mich auf formale Kriterien sowie stilistische Aspekte, die nicht unbedingt als allgemein gültig zu betrachten sind. Was den Inhalt einer Geschichte angeht, versuche ich neutral zu bleiben. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob eine Geschichte alle Ingredienzen hat, um ein bestimmtes Leserpublikum zu erreichen, da fällt meine persönliche Meinung kaum ins Gewicht, sie wäre ohnehin rein analytischer Natur und dem Autor womöglich nicht willkommen.
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider
Zitat von czil im Beitrag #10Für meinen Teil freue ich mich über viele aktuellere Wendungen die verstanden werden und frisch klingen. Es darf sogar 'nicht wirklich' sein.
Was klingt frischer/schöner: "Ich weiß, dass es hier nicht wirklich üblich ist, das oder jenes zu tun" oder "Ich weiß, dass es hier eigentlich nicht üblich ist, das oder jenes zu tun"?
Keine Sprache ist aus sich selbst gewachsen, früher fanden neue Wörter durch Krieg und die Eroberung eines Landes Einzug in eine Sprache, heute vornehmlich durch das Internet und schlampige Übersetzungen.
Wortwörtliche Übersetzungen haben viele Gründe: Der eine hält sie für modern; der andere glaubt, dass nur wortwörtliche Übersetzungen legitim seien (nein, eine Sprache ist an die Kultur des Sprechers gekoppelt und eine über Jahrhunderte gewachsene Kultur lässt sich nicht so leicht auf eine andere Gesellschaft übertragen); der dritte ist zu überheblich, um ein Wörterbuch zu verwenden, der geht nach 'Gut Glück'; der vierte beherrscht seine eigene Muttersprache kaum, glaubt aber einer Fremdsprache mächtig zu sein; und der fünfte macht auf Angeber und Wichtigtuer.
----------------------------------------------------------------------------------- Nichts was ich schreibe, ist in irgendeiner Hinsicht wertend gemeint, wenngleich es so rüberkommen mag. Ich beschränke mich auf formale Kriterien sowie stilistische Aspekte, die nicht unbedingt als allgemein gültig zu betrachten sind. Was den Inhalt einer Geschichte angeht, versuche ich neutral zu bleiben. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob eine Geschichte alle Ingredienzen hat, um ein bestimmtes Leserpublikum zu erreichen, da fällt meine persönliche Meinung kaum ins Gewicht, sie wäre ohnehin rein analytischer Natur und dem Autor womöglich nicht willkommen.
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider
Lustig, das mit dem "kontrollieren" ist mir bisher noch nicht aufgefallen, aber es macht total Sinn (!). Im Deutschen kontrolliert man, ob etwas richtig ist. Man kontrolliert den Füllstand im Tank, und das bedeutet nicht, dass man ihn steuert. Auch der Kontrolleur im Zug beschränkt sich auf die Inspektion und greift nicht regulierend ein. Wenn man etwas "unter Kontrolle" hat, dann achtet man darauf, dass alles richtig läuft. Und "die Rebellen haben Kontrolle über die Stadt erlangt" wird zwar verstanden, ist aber nicht wirklich (!) schön.
Man kann den Füllstand im Tank auch überprüfen oder nachprüfen.^^
Letztens habe ich in einem anderen Forum den kryptischen Satz "Kontrollierst du das Referat für morgen schon?" gelesen. Ich vermute, dass das "Beherrscht du das Referat schon?" heißen sollte.
Zitat von Ralf der Rabe im Beitrag #13Und "die Rebellen haben Kontrolle über die Stadt erlangt" wird zwar verstanden, ist aber nicht wirklich (!) schön.
Es ist meist nicht schwer, zu erahnen, was gemeint ist. Aber es ist kein Genuss, einen Roman zu lesen, dem man wiederholt anmerkt, dass der Autor eigentlich keinen Stil hat. "Die Rebellen haben Kontrolle über die Stadt erlangt" ist ein typisches Beispiel dafür, was einem als erste Formulierung in den Sinn kommt. Und wenn der Autor es fortwährend dabei belässt und sich nicht weiter anstrengt, bilde ich mir schnell ein Urteil über sein Talent als Schreiberling.
----------------------------------------------------------------------------------- Nichts was ich schreibe, ist in irgendeiner Hinsicht wertend gemeint, wenngleich es so rüberkommen mag. Ich beschränke mich auf formale Kriterien sowie stilistische Aspekte, die nicht unbedingt als allgemein gültig zu betrachten sind. Was den Inhalt einer Geschichte angeht, versuche ich neutral zu bleiben. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob eine Geschichte alle Ingredienzen hat, um ein bestimmtes Leserpublikum zu erreichen, da fällt meine persönliche Meinung kaum ins Gewicht, sie wäre ohnehin rein analytischer Natur und dem Autor womöglich nicht willkommen.
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider
Zitat Stephen King: Nimm das erste Wort, dass passend klingt und suche nicht stundenlang nach etwas anderem (so oder so ähnlich).
Das klingt für mich eher so, als ob es einige hier nervt, dass es viele Autoren gibt, die lieber übliche Wörter nehmen als ausgefallene. Die lieber das logische, schnell gewählte wählen als das siebzehnte Synonym aus der Liste.
Ja, ich kann verstehen, dass einem Texte nerven, in denen immer nur das einfachste Wort genommen wird, vor allem, wenn es sich immer wieder wiederholt. Aber ich achte bei meinen Texten wirklich nicht darauf, dass ich unbedingt ein passendes Synonym für alles und jedes finde, nur weil das bisher dort stehende eventuell geläufiger ist als andere. Hat auch irgendwie nichts mehr mit Anglizismus zu tun, würde ich behaupten.
Und man kann ja schlecht jedes einzelne Wort, dass man aus dem bekannten Sprachgebrauch kennt, erst googlen, bevor man es nutzt, weil es ja eventuell ein Anglizismus ist. Kommt mir alles etwas zu hochgestochen vor...
Aber gut, jedem das Seine.
Ich wünsch euch was, gute Nacht! Lg Semi
Wir leben nur einmal Wir lieben das Leben (Rammstein)
@Semikolon, wir diskutieren hier nur. Es muss jeder selbst wissen, ob er mit der einen oder anderen Meinung übereinstimmt oder sie überlegenswert findet.
----------------------------------------------------------------------------------- Nichts was ich schreibe, ist in irgendeiner Hinsicht wertend gemeint, wenngleich es so rüberkommen mag. Ich beschränke mich auf formale Kriterien sowie stilistische Aspekte, die nicht unbedingt als allgemein gültig zu betrachten sind. Was den Inhalt einer Geschichte angeht, versuche ich neutral zu bleiben. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob eine Geschichte alle Ingredienzen hat, um ein bestimmtes Leserpublikum zu erreichen, da fällt meine persönliche Meinung kaum ins Gewicht, sie wäre ohnehin rein analytischer Natur und dem Autor womöglich nicht willkommen.
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider
Zitat von Viola im Beitrag #14Kontrollierst du das Referat für morgen schon?
Volle Kontrolle.
Zitat von Viola im Beitrag #12der andere glaubt, dass nur wortwörtliche Übersetzungen legitim seien
Tja, da gibt es wohl auch in der Branche der Übersetzer extrem divergierende Meinungen. Habe gerade mit dem neuen Roman von B. Jacka angefangen - »Das Rätsel von London« - und in den Dialogen war in vielen Sätzen mein Liebling »nicht wirklich«. In den Dialogen. Dialoge sind geprägt von dem was wir im Fernsehen hören. Viele hören Dialoge aus dem, wie sagt meine Kollegin immer dazu »Unterschichtenprogramm« und dort halt aus meist amerikanischen Serien die sich vom Thema her schon totgelaufen haben, erst recht von den Dialogen. Hölzern ist noch ein Lob für diese Art von Dialogen. Wenn ich mich erinnere, wie manche Sendungen synchronisiert wurden, dann muss ich allerdings im Rückblick feststellen, dass sich das nicht viel nimmt. Die Dialoge an denen wir uns häufig orientieren, da wir ja selten Dialoge mit Mördern, Mafiabossen oder Drogensüchtigen führen werden, geschweige mit Drachenhütern oder Wickingerkriegern und ihren Häuptlingen, sind oft in Rekordzeit übersetzt von mies bis ganz mies bezahlten Übersetzern. (Denen einen Vorwurf zu machen ist fast schon Körperverletzung) Das trifft auch für Bücher zu. Schau mal, wieviel Geld ein Übersetzer verdient.
Zitat von Semikolon im Beitrag #15Und man kann ja schlecht jedes einzelne Wort, dass man aus dem bekannten Sprachgebrauch kennt, erst googlen, bevor man es nutzt,
Habe es im Land selbst erlebt, dass eine der wichtigsten Fähigkeiten im englischen Sprachgebrauch von Mensch zu Mensch die ist, Sachverhalte die man ausdrücken möchte möglichst zu umschreiben. Es ist fast egal, ob man die richtigen Worte kennt. Hauptsache man kann ausdrücken was man sagen will. Und noch eines, wenn man "professionell" schreibt: Verwende nach Möglichkeit nie zweimal das selbe Wort. Seltsamerweise ist der Thesaurus eine typisch anglische Erfindung. Diese ganze Synonymisiererei nach Wörterbuch, habe ich erst durch die Befassung mit dem Englischen kennengelernt. Daher gebe ich durchaus Semi recht, wenn sie sagt, man sollte das Wort nehmen, das man selbst versteht und das man selbst verwenden würde und das seine Leser verstehen. Dazu gibt es ein paar schnuckelige Zitate im Süskind, die ich mir aber spare. Wie schon erwähnt, ich fand es einfach amüsant, da drauf so viel Zeit und Gedanken zu investieren nur um etwas zu verhindern und vielleicht durch einen manieristisch klingenden aber "deutscheren" Ausdruck zu ersetzen. Das kann jemand machen, der die Sprache in den Vordergrund seines Werkes stellt, wie etwa James Joyce oder Thomas Mann, aber jemand der etwas zu erzählen hat, sollte das so natürlich tun wie es ihm gelingt. (Ungeachtet freilich der Tatsache, dass auch dabei auf natürliche Abwechslung geachtet werden darf. Natürlich.) Schön, wenn beides gelingt, aber davon kenne ich nicht besonders viele.Und, ich kreide das keinem Übersetzer und auch keinem Autoren an, der eine spannende Geschichte zu erzählen weiß.
-------------------------------------------- »VERDAMMT WIESO SIND DIE VIECHER SCHON WIEDER WACH« 乌鸦拉尔夫
Zitat von czil im Beitrag #17Tja, da gibt es wohl auch in der Branche der Übersetzer extrem divergierende Meinungen. Habe gerade mit dem neuen Roman von B. Jacka angefangen - »Das Rätsel von London« - und in den Dialogen war in vielen Sätzen mein Liebling »nicht wirklich«. In den Dialogen.
Das ist mittlerweile die Regel, genauso wie "einmal mehr" fünf Mal auf einer Seite, anstatt mit 'wieder einmal, aufs Neue, erneut, wiederholt' Abwechslung hineinzubringen. Übersetzer verwenden spezielle Übersetzerprogramme mit angeschlossener Datenbank, die halt auch nur so gut ist wie der Übersetzer, der sie pflegt. Aber wenn man liest, dass fünf oder mehr Leute einen Roman von Dan Brown innerhalb von 10 Tagen übersetzen, damit der Verlag ihn schnellstmöglich auf den Markt werfen kann, ist klar, dass der voller Stilblüten sein muss. Die Übersetzungen der 'Harry Potter'-Romane wurden anscheinend teilweise einer Revision unterzogen, nachdem die Fangemeinde sich lauthals beschwert hatte, was einen Verlag letztlich teurer kommt.
Ich verwende 'nicht wirklich' nur als Ausdruck des Unglaubens im Sinne von "Ne jetzt, das haste nicht wirklich getan".^^
----------------------------------------------------------------------------------- Nichts was ich schreibe, ist in irgendeiner Hinsicht wertend gemeint, wenngleich es so rüberkommen mag. Ich beschränke mich auf formale Kriterien sowie stilistische Aspekte, die nicht unbedingt als allgemein gültig zu betrachten sind. Was den Inhalt einer Geschichte angeht, versuche ich neutral zu bleiben. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob eine Geschichte alle Ingredienzen hat, um ein bestimmtes Leserpublikum zu erreichen, da fällt meine persönliche Meinung kaum ins Gewicht, sie wäre ohnehin rein analytischer Natur und dem Autor womöglich nicht willkommen.
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider
Zitat von czil im Beitrag #17Und noch eines, wenn man "professionell" schreibt: Verwende nach Möglichkeit nie zweimal das selbe Wort. Seltsamerweise ist der Thesaurus eine typisch anglische Erfindung. Diese ganze Synonymisiererei nach Wörterbuch, habe ich erst durch die Befassung mit dem Englischen kennengelernt.
Ich habe die Duden-Bände 'Synonymwörterbuch', 'Stilwörterbuch' und 'Richtiges und Gutes Deutsch' seit meiner Schulzeit daheim (jetzt bin ich 55), für mich sind sie unverzichtbare Hilfsmittel.
----------------------------------------------------------------------------------- Nichts was ich schreibe, ist in irgendeiner Hinsicht wertend gemeint, wenngleich es so rüberkommen mag. Ich beschränke mich auf formale Kriterien sowie stilistische Aspekte, die nicht unbedingt als allgemein gültig zu betrachten sind. Was den Inhalt einer Geschichte angeht, versuche ich neutral zu bleiben. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob eine Geschichte alle Ingredienzen hat, um ein bestimmtes Leserpublikum zu erreichen, da fällt meine persönliche Meinung kaum ins Gewicht, sie wäre ohnehin rein analytischer Natur und dem Autor womöglich nicht willkommen.
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider