Es fing damit an, dass der Dativ dem Genitiv sein Tod war, dass Fußballspiele trotz dem Regen stattfanden, Grillfeste wegen dem Wetter abgesagt wurden und Kinder während dem Unterricht Kaugummi kauten. Das alles gab es schon vor 40 Jahren und steht mittlerweile sogar im Duden. Aber die Freude des Dativs währte nicht lang, denn sinistre Kräfte in unserer Gesellschaft arbeiteten munter auch gegen ihn. An die Öffentlichkeit kamen diese Machenschaften, als die Deutsche Bahn in großem Stil ihre Fahrkartenautomaten aufstellte und plakatierte: "Tickets jetzt auch am Automat".
Viele haben sich damals sicher einfach weggeschaut. Haben sich gedacht, was soll's, der Dativ ist genau wie der Genitiv ein Nischenkasus, um den ist es nicht schade. Macht die Sache nur unnötig kompliziert. Aber habt ihr heute schon mal in den "Spiegel Online" geschaut? "Macron besucht saudischen Kronprinz", lautet da eine Überschrift. Merkt ihr was? Nun geht es dem Akkusativ an den Kragen. Wenn es nach der finsteren Sprachverschwörung geht, dauert es nicht mehr lang, dann bleibt uns von einstmals vier stolzen Kasus nur noch der Nominativ. Aber nicht mit mir! Ich hisse die Flagge des Protests! Ich sage dem Kasus-Schwund den Kampf an! Ich verteidige den Akkusativ!
Zitat von Ralf der Rabe im Beitrag #1Ich sage dem Kasus-Schwund den Kampf an!
Müsstest du dann nicht schreiben: "Ich sage dem Schwund des Kasus den Kampf an?"
Maybe it's the cold wind that chills you to the bone. Or the strange rumbling beneath the city streets. It's the unnerving sense that there is a world around us we cannot see.
Ich bin froh, dass ich nicht die einzige bin, die über solche Formulierungen stolpert! Ich brauch schon größere Schuhe, so oft, wie sich mir die Fußnägel rollen, wenn ich durch die Welt gehe ... Dabei begegnen mir ständig solche Dinge wie "Wir kaufen ihr PKW / LKW", "Wenn sie möchten, dass man auf sie Aufmerksam wird, buchen sie diesen Anhänger", "alle Pizzenn jetzt auch mit Vollkornteig", etc. Und jedes Mal frage ich mich, ob wirklich nur mich das stört, bzw wie man mit so wenig Achtsamkeit und Liebe zu dem, was man da tut, Anzeigen schreiben und dann auch noch drucken bzw plakatieren kann ... Schade um die Schönheit der Sprache.
Spring erst und schau dann, wo du gelandet bist. Aber fall dabei auf die Füße.
Dass heutzutage auch viele Journalisten die schwache Deklination nicht mehr zu beherrschen scheinen, stößt mir immer wieder sauer auf. Dabei sind es doch so wenige Wörter, die das betrifft. Ich möchte auch den Genitiv nicht missen, vom Dativ ganz zu schweigen. Es gibt in unserem Alltag so viele sprachliche Fehler - vom Deppen-Apostroph über "er lernte ihm" bis zum Denglisch, was - ganz abgesehen vom Unbehagen - auch die Verständlichkeit erschwert. Nicht falsch verstehen - ich will nicht dem Sprachpurismus das Wort reden - Sprache ist etwas Lebendiges, sie entwickelt sich und wird durch viele Faktoren bereichert, aber sie will auch gepflegt werden. Neulich, als ich meine Mutti im Pflegeheim besucht habe, war da eine Praktikantin - ca. 20 Jahre alt. Sie beantwotete jede Frage mt einem Wort. Die Kollegin, die sie begleitet hat, war davon sichtlich genervt und fragte mehrfach nach, ob sie denn nicht mal in ganzen Sätzen antworten könnte. Es ging so weiter. Offenbar hat Whats-App und Co derartig "abgefärbt", dass sie es nicht mal gemerkt hat und es einfach nicht konnte. Der Einwortsatz - Beginn der sprachlichen Entwicklung des Kleinkindes - auf dieser Stufe als Schulabgänger und Azubi zu stehen - das ist schon ein wenig erschreckend, finde ich.
"Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen" ( Hari Seldon in Isaak Asimovs erster Foundation-Trilogie )
Ich denke, im Alltag kann man schwer von sprachlichen Fehlern reden, in diesem Kontext zeigt sich doch die Fluidität von Sprache am meisten (ich beziehe mich hier erstmal nur auf Muttersprachler). "Richtig" kann man mMn nur auf das z.B. im Duden festgelegte Standarddeutsch anwenden. Demnach sind aber alle Dialekte "falsch", obwohl sie eine inhärente Grammatik besitzen. Klar halten wir uns alle mehr oder weniger stark an das Standarddeutsch, aber 100% sprechen tun wir es nicht (im Schriftlichen verhält sich das sicherlich anders und kommt noch stärker auf den Kontext an). Auch Jugendsprache und das darin enthaltene Denglisch folgen gewissen Regeln und sind genauso nuanciert wie die Standardsprache, nur "spricht" halt nicht jeder Jugendslang. Ist ja auch völlig ok so, andere Dialekte versteht man ja mitunter auch schwer (ich tue mich grundsätzlich mit jedem Dialekt schwer außer dem Berlinischen, mit dem ich aufgewachsen bin. Mir scheinen da ein paar Gehirnpfade für zu fehlen *g*) Ich stimme dir zu, dass Journalisten im professionellen Bereich Standarddeutsch benutzen sollten, aber ich finde nicht, dass automatisch jeder Text so geschrieben sein muss. Es kommt auf Thema, Zielgruppe und Veröffentlichungsart an. Dass Social Media die Sprechfähigkeit negativ beeinflusst, kann ich so erstmal nicht nachvollziehen. Sicherlich hilft es nicht gerade mit Grammatik und auch nicht mit Geduld und Aufmerksamkeitsspanne, aber das ist ja in deinem Beispiel nicht das, was du angesprochen hast. Vermutlich bin ich aber allein meines Alters wegen der Online-Kultur positiver gestimmt, wissenschaftlich belegen kann ich meine Behauptungen jetzt nicht ^^
Das erste Mal in großem Stil gehört habe ich die Akkusativverstümmelung anno 2001, als Thomas D auf seinem Album "Lektionen in Demut" das "Gebet an den Planet" veröffentlichte. Das tut mir heute noch weh. Sich darüber zu mokieren, hilft nur leider nicht, und ich reagiere darauf, wie es mir am angenehmsten ist: Ich benutze weiterhin alle Kasus und ergänze, wenn ich es höre oder lese, das -en wenigstens in Gedanken.
Zitat von Gaia Athanasia im Beitrag #7Ich benutze weiterhin alle Kasus und ergänze, wenn ich es höre oder lese, das -en wenigstens in Gedanken.
Mir geht das immer bei einem Lied von "Subway to Sally" so, ich weiss gerade gar nicht, welches das ist, aber ich weiss, dass ich beim "im-Kopf-Mitsingen" immer ein "-en" ergänze, damit es nicht weht tut ;)
Zitat von Kell im Beitrag #6"Richtig" kann man mMn nur auf das z.B. im Duden festgelegte Standarddeutsch anwenden
Diese Diskussion haben wir ja auch an anderer Stelle schon und die Antwort darauf gibt der Duden ja mehrfach selbst. Es gibt eine richtige (im Sinne von geregelt) deutsche Standardsprache, aber kein richtiges Deutsch.
Bei dem Satz mit "Automat" musste ich fast unwillkürlich an Karl Valentin denken. Semmelnknödeln. Manche Sätze sollte man vielleicht auch unter einem anderen Aspekt betrachten. "Einfache Sprache". Wenn man da nur den Hintergrund liest, warum so ein Konstrukt geschaffen wird, findet man das schon nur noch halb so schlimm. (Der Beispieltext in dem Artikel weiter unten ist irgendwie faszinierend :))
Musiktexte. Im Englischunterricht bekamen wir jedes Jahr wieder gesagt: Nehmt euch das Englisch der Texte nicht als Vorbild, das ist keine richtige Sprache. Lieder (im weiteren Sinne) ordnen oft die Sprache der Musik unter. Wenn es zusammenpasst, braucht man auch keine vollständigen Sätze um Emotionen rüberzubringen. Wenn man als Musiker aber den Anspruch erhebt ein "gehoben gebildetes" Publikum anzusprechen, sollte man dann schon darauf achten dass man dieses nicht vergrätzt.
------------------------------------------- Nicht die Frage, ob wir die Kunst tragen, stellt sich, sondern die Frage, ob wir die Kunst ertragen; ob wir die Künstler ertragen. Nicht wir haben den Künstlern irgendetwas zuzumuten; das Recht auf Zumutung liegt bei ihnen.
Zitat von Ralf der Rabe im Beitrag #8Mir geht das immer bei einem Lied von "Subway to Sally" so, ich weiss gerade gar nicht, welches das ist, aber ich weiss, dass ich beim "im-Kopf-Mitsingen" immer ein "-en" ergänze, damit es nicht weht tut ;)
"Foppt den Dämon?" (Was witzigerweise der korrekte Akkusativ ist)
Talent is cheaper than table salt. What separates the talented individual from the successful one is a lot of hard work.
Nee, davon hatten wir's ja schonmal, vom dem Dämon. Es muss was anderes gewesen sein. Ich suche die Stelle gerade... "stech die Blumen" statt "stich" in "Kleid aus Rosen" ist auch so eine Stelle, an der ich immer im Kopf korrigiere, aber es gab bestimmt noch eine mit einem fehlenden -en hinten dran.
Ich muss sagen, ich bin in der 12. Klasse und habe keine Ahnung mehr von Akkusativ, Nominativ und was es alles noch so gibt. :D Viellicht würde eine Auffrischung dieser Grundelemente der deutschen Sprache, der Allgemeinheit gut tun. Viellicht stirbt nur das aus was einfach vergessen wurde.. Naja eine These von vielen für ein Problem von vielen...
Dämon, Typ und Autor kamen schon während meiner Schulzeit (vor über 40 Jahren) ohne Akkusativ-Endung aus. Bei Automat oder z.b. jemand frage ich mich hingegen jedes Mal, warum der Schreiber nicht merkt, dass da was fehlt. Aber die sog. Kongruenz macht auch mir schwer zu schaffen, da komme ich praktisch nie umhin, den Duden zu befragen.
----------------------------------------------------------------------------------- »Chuck is a writer. And like all writers, he churns out draft after draft. My world, this world, nothing but failed drafts. And when he realizes that they're flawed, he moves on and tries again.« (Archangel Michael [›Supernatural‹, s14 e10])
»After everything he has put us through? I'll be damned if I'm gonna let some glorified fanboy get the last word.« (Dean Winchester [›Supernatural‹, s15 e03])
»Qualität kommt von Qual. Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser. Der Leser will aber nicht.« Wolf Schneider