Moin,


einige von uns nutzen sie: die Konstruktionen, in denen die Figuren gerne mal "was am machen sind" und es nicht einfach machen ;)

Beispiele:
Ich bin am Kochen. Statt: Ich koche.
Ich bin die Uhr am reparieren. Statt: Ich repariere die Uhr.
Er ist am Schlafen. Statt: Er schläft.

Da mir diese Wortkonstruktionen häufig angestrichen worden sind und ich gerade beim Testlesen wieder drüber stolpere, habe ich mich mal erkundigt.

Hier handelt es sich tatsächlich nicht um einen Anglizismus - soweit ich mich erinnere, hat Ralf darauf gepocht - sondern um die sogenannte "Rheinische Verlaufsform", also eine Satzkonstruktion, die nicht in jeder Region bekannt ist.


Zitat von dieser Seite hier:

Zitat

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Im Englischunterricht lernt man ähnliche Konstruktionen als progressive forms kennen (He is working), im Deutschen werden sie als Progressiv oder Verlaufsform bezeichnet. Die Bekanntheit solcher Formulierungen aus der englischen Sprache führt oft dazu, dass angenommen wird, es handele sich um eine (neue) Entlehnung aus dem Englischen ins Deutsche, und sie werden dann von Sprachpurist:innen aus diesem Grund abgelehnt, wie das obengenannte Zitat zeigt ("nicht unbedingt typisch für das Deutsche"). Wie die Bezeichnung 'rheinische Verlaufsform' aber schon vermuten lässt, trifft die Annahme einer neuen Entlehnung in diesem Fall nicht zu. Wie Untersuchungen schriftlicher Texte aus dem 19. Jahrhundert zeigen, wird die Konstruktion schon zu dieser Zeit in der deutschen Sprache verwendet und zwar hauptsächlich in Schriftzeugnissen aus dem (Nord-)Westen Deutschlands und der Schweiz

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Hier findet man zwei Karten, auf denen die Regionen markiert sind, in denen diese Verlaufsform üblich oder eher unbekannt ist. Finde ich sehr spannend. Also wenn meine Leser aus meiner Ecke kommen, werden sie nicht darüber stolpern, aber wenn sie aus dem Osten kommen, schon.

Insgesamt wird diese Konstruktion als umganssprachlich angesehen und sollte im Schirftsprachlichen vermieden werden. Aber die Sprache ist im Wandel und kann gut sein, dass man es bald schreibt, ohne weiter drüber nachzudenken.


Ich versuche, diese Konstruktionen zu vermeiden, wie geht ihr damit um? Oder gehört ihr in die Ecke, die sie sowieso komisch finden? :)

LG Semi

ich glaube, ich schreibe die häufiger, als mir jetzt lieb ist. Das abzustellen, was immer wie selbstverständlich praktiziert wurde, ist gar nicht so einfach.

Für mich ist diese Form unüblich, aber nicht unbekannt. Allerdings schreibe ich so nie, es sei denn ich möchte eine Figur mittels wörtlicher Rede definieren.
Aus der brandenburgischen und Berliner-Ecke höre/lese ich auch immer wieder "zu liegen". Ich habe den Stift hier noch zu liegen. Das ist bestimmt auch so eine Verlaufsform die sich in die Sprache verlaufen hat.

Figur 1: "Hö ma! Hast du datt Salz noch am zu liegen?"
Figur 2: "Jup!"
Figur 1: "Dann tu misch ma datt Salz!"

Dat is mich immer traurig am machen, wenn Leute so am reden sind und dat für Hochdeutsch halten tun. *seufz

Hallo Semi
Eijeijei, das ist spannend! Den Begriff "Rheinische Verlaufsform" kannte ich noch gar nicht.
Ich kenne diese Ausdrucksweise aber auch, erwische mich auch manchmal dabei, allerdings mehr beim Sprechen. "Da war ich am telefonieren", "da war ich am fernsehen" - sowas z.B., das merke ich dann manchmal gar nicht, kennt man halt so. Wenn ich schreibe und mir kommt so eine Formulierung in den Sinn, korrigiere ich.
Ich finde diese Art zwar nicht wirklich schlimm, aber sie hat was - wie soll ich sagen? - Gewöhnliches. Im Englischen ist das ja anders, da ist es normal.


Viele Grüße

@mjegull, das hab ich tatsächlich von Leuten aus dieser Gegend auch schon gehört ("Ich habe hier noch eine Torte zu stehen"). Seltsam.

Ich finde "er war am Schlafen" fürchterlich umgangssprachlich und würde es überall anstreichen, ausser wenn es ein Mundart-Roman wäre oder wenn eine Person absichtlich in der direkten Rede so gefärbt wird.

Es kann sein, dass ich behauptet habe, dass es ein Anglizismus sei, ich bin mir nicht ganz sicher, aber angemeckert habe ich es ganz bestimmt.

In einer abgemilderten Form ist es m.E. aber durchaus Hochdeutsch: "Er war gerade daran, das Haus zu verlassen" klingt für mich völlig korrekt - auch wenn "dabei" statt "daran" vielleicht eher der Standard ist.

Und es gibt natürlich auch die karikierte Version: Er war gerade am Schlafen dran ;)

Für mich klingen die Beispiele mehr als komisch. Klar komme ja aus dem Osten 😉
Wobei: "Ich bin am kochen" hab ich sicher auch schon gehört. Als direkte Rede würde ich das sicher auch schreiben. Ralfs Beispiel hingegen klingt für mich normaler.

Das ist hier ja, als wie wenns de sowas lesen tun musst.

Aber mal im Ernst: So als regionale Eigenheit hat das für mich schon seine Daseinsberechtigung. Beim geschriebenen Wort nur in der direkten Rede bzw. in der Ich-Perspektive. Interessant ist es allemal. Sprache ist einfach so vielfältig und genauso sollte sie auch eingesetzt werden. (bewusst natürlich)

Kennt Ihr den "Streit" über:

Auf die Arbeit gehen/zur Arbeit gehen?

Zitat von Sarah im Beitrag #9

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Kennt Ihr den "Streit" über:

Auf die Arbeit gehen/zur Arbeit gehen?

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Zum Markieren regionaler Zugehörigkeit kann man diese Form schon verwenden, gerade z.B. in Regionalkrimis, es ist - wie immer - eine Frage der Dosierung.

Ich finde ja, man sollte sauber trennen zwischen Umgangssprache (gesprochen) und Hochdeutsch (geschrieben).

Da ich aus dem Saarland komme ursprünglich, kenne ich diese "am machen" Form auch. Gesprochen benutze ich sie auch durchaus, wenn ich zuhause bin und Dialekt spreche.
Schreiben würde ich die aber nie ...
Vielleicht bin ich gerade aufgrund meiner "Dialektvergangenheit" da so empfindlich. Dialekt schreiben war bei uns früher immer so ein Zeichen für "kanns nicht besser" ... Sprich: Kein Aushängeschild.
Absichtlich darf man sowas natürlich benutzen, wenn man eine Person damit einfärben möchte oder sogar einen Text in Mundart schreibt. Im normalen Schreibfluss würde ich das jedoch anmarkern. ;-)

Mein Mann mag die "Rheinische Verlaufsform" gern, weshalb ich sie schon lange kenne, obwohl wir beide nicht aus einer Region kommen, in der sie verwendet wird.
Er verwendet sie aber letztendlich immer nur scherzhaft. Fürs Schreiben von Dialogen denke ich ist es gut, sie zu kennen und auch ggf. für Wortspiele.